(AEF) Neue Folge 3: Grundfragen der deutschen Urgeschichtsforschung. Wo stehen die Archäologen am Ende des 20. Jahrhunderts?

14,50 

Es gibt neuerdings einen Roman, in dem das Universitätsleben persifliert wird. Dabei fühlt sich ein Professor, der einen Festvortrag halten soll, animiert, möglichst hochtrabend und schwer verständlich zu reden, damit die Begeisterung der Zuhörer, die nach dem Slogan ‘Dabei sein ist alles’ gekommen sind, am Schluß um so größer ist. (Zur Erläuterung: Das begeisterte Klatschen soll das Nichtverstehen des Vortrages verdecken.) Es ist nicht meine Absicht, mich so hochtrabend auszudrücken, wie es manche Archäologen tun, die meinen, damit Eindruck erwecken bzw. Karriere machen zu können. Mein Ziel ist es, mich auch für interessierte Nicht-Archäologen verständlich zu äußern. Natürlich: Wer viel weiß, kann viel erzählen. Es ist aber eine Kunst, viel Wissen zu verdichten und in wenigen Sätzen zu einer allgemeinverständlichen Aussage zu bringen. Da wir ausgewählte Fragen behandeln wollen, bedeutet das, daß wir keinen akademisch-konservativen Darstellungsstil anwenden, sondern nach den Kapitelüberschriften vorgehen, die didaktisch angelegt sind. Ältere Leser werden vielleicht bei dem von mir gewählten Buchtitel stutzen und sich an das Buch des verdienten Archäologen K. H. Jacob-Friesen über ‘Grundfragen der Urgeschichtsforschung’ (1928) erinnern. Dieses Werk hat mich bei Beginn meiner Berufsausbildung Mitte der dreißiger Jahre sehr beeindruckt und mir manche Anregung gegeben. Mit der Überschrift über meinen ausgewählten Beiträgen ‘Grundfragen der deutschen Urgeschichtswissenschaft’ möchte ich etwas in die Fußstapfen von K. H. Jacob-Friesen treten, ohne jedoch die Geschlossenheit sei-nes Lehrgebäudes zu erreichen. Der Untertitel seines Werkes ist auch klar umrissen: ‘Stand und Kritik der Forschung über Rassen, Völker und Kulturen in urgeschichtlicher Zeit’. Manche der von ihm behandelten Grundfragen bestehen heute noch, neue Fragen sind hinzugekommen. Das von ihm angekreidete Ärgernis des leichtsinnigen Umgangs mit ‘Begriffen’ besteht leider immer noch. K. H. Jacob-Friesen forderte: ‘Es geht nicht an, daß Begriffe, die in einer Wissenschaft klar umrissen sind, in einer anderen verworren auftauchen und falsch angewendet werden.’ Eine notwendige Feststellung: Ich bin mir bewußt. daß ich mit einigen Beiträgen den überall in der Menschheit vertretenen Zeitgenossen, die gerne verschweigen und und vertuschen, keine große Freude bereiten werde. Erfreulicherweise legen aber die meisten Menschen wert darauf, daß die Wahrheit vertreten wird. Dem gilt auch mein Bemühen. Und noch etwas: Bei den unendlich vielen Meinungen die auf Grund des vielfach indifferenten Forschungsmaterials über die urgeschichtliche Entwicklung des Menschen geäußert werden, halten sich die Bearbeiter von archäologischen Themen für verpflichtet, die zu ihrem Thema schon geäußerten Auffassungen möglichst lückenlos zu zitieren, was dann mehr oder weniger viele Druckseiten erforderlich macht. Ich werde nur auf das unbedingt Notwendige hinweisen. Wiederholungen im Text hängen mit den Fragestellungen zusammen. Im Sinne des englischen Universalhistorikers A. J. Toynbee sollen meine Gedanken auch. ‘challenge’ sein. Wird es darauf ‘response’ geben? In der früheren DDR würde es mit Sicherheit eine Antwort gegeben haben. In den Demokratien läßt das Recht auf Meinungsfreiheit auch Schweigen zu. Dann würde ich an das Papst-Wort denken: Qui tacet, consentire videtur.
(aus Einleitung)

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort des Herausgebers

Einleitung des Verfassers

Wo steht die Urgeschichtsforschung heute? Miszellen
• Vom Sinn der Urgeschichtsforschung
• Die Grenzen der Urgeschichtsforschung
• Brauchen die Archäologen außer der Terminologie auch eine Terminologik?
• Ist die Begriffsprägung ‘Bürgerliche Archäologie’ berechtigt?
• Wie entsteht eine ‘Archäologische Kultur’? – Zur Widersprüchlichkeit eines Phänomens
• Das Kontinuitätsproblem, am mitteldeutschen Neolithikum erläutert
• Hat das Operieren mit Zahlen einen Sinn?
• Gab es in urgeschichtlicher Zeit Gesetzmäßigkeiten?
• Gab es urgeschichtliche Revolutionen?
• Was sollte man mit den Phantastereien in der Urgeschichtswissenschaft machen?
• Schlußbemerkungen: Ein letzter Sinn der Urgeschichtswissenschaft
• Nachwort

Die Urgeschichtswissenschaft als Einheit von Theorie, Methodik und Systematik.
Erörterungen auf der Ebene von Erfahrungen
• Archäologische Theorien von H. Behrens

Gesamtwissenschaftliche Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Ur- und Frühgeschichte in Halle (Saale)

Warum totale Steinzeitforschung?
• Historische Kategorien für eine totale Steinzeitforschung

Welche Leistungen haben die Ur- und Frühgeschichtsforscher der früheren DDR in die gesamt-deutsche Urgeschichtswissenschaft eingebracht?
• Literatur zur Diskussion über die Urgeschichtsforschung in der DDR

Braucht ein westdeutscher Archäologe von der ostdeutschen Urgeschichtswissenschaft keine Kenntnis zu nehmen?

Kritische Anmerkungen zu den ‘Ausgrabungen und Funden’ 1990 – 1995

Was leistet ein marxistisch geleitetes archäologisches Museum?

Kann man von einer archäologischen Ostkolonisation am Ende des 20 Jahrhunderts sprechen?

Brauchen wir Theorien in der Archäologie?
• Historische Bewegkräfte in der Jungsteinzeit Mitteleuropas

Können wir deutschen Archäologen etwas von den angloamerikanischen Archäologen lernen?

Das Ende der ‘New Archaeologies’. Und was dann? Eine persönliche Stellungnahme.

Deutsche Urgeschichtsforschung – so oder so? Reflexionen zu Eggerts Reflexionen in extremis 1993

Muß sich ein Archäologe mit dem Matriarchatsproblem beschäftigen?

Hat es Indogermanen gegeben?

Scheinprobleme der Urgeschichtswissenschaft

Die archäologische Unschärferelation

Zur Frage des Modellbegriffs in der Archäologie

Der Archäologe (Homo archaeologicus) – nur ein Geistwesen?

Wird das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der archäologischen Science fiction werden?

Schluß: ‘Wir heißen euch hoffen’

Das Allerletzte: Noch Fragen?

Personenregister

Über den Autor

Gewicht 360 g
Bestellnr

1-3-03

Reihe

Alteuropäische Forschungen

ISBN

978-3-930036-34-9

KurzbezTitel

(AEF) Neue Folge 3: Grundfragen der deutschen Urgeschichtsforschung. Wo stehen die Archäologen am Ende des 20. Jahrhunderts?

Autor

Hermann Behrens — Herausgegeben von Klaus-Dieter Jäger

Erscheinungsjahr

Weissbach 1999

Technische Angaben

103 Seiten, 3 Abbildungen, Broschur, Format A 4

Besonderheiten

Reihe kann abonniert werden.