Aufgrund seiner günstigen naturräumlichen Gegebenheiten zeichnet sich das nördliche Harzvorland durch eine außerordentliche Dichte an archäologischen Fundstellen aus. Planungen der Ferngas Salzgitter GmbH, zwischen Wernigerode und Oschersleben eine Erdgasleitung zu verlegen, führten zu Verhandlungen mit dem Landesamt für archäologische Denkmalpflege (heute: Landesamt für Archäologie) Sachsen-Anhalt, in deren Rahmen baubegleitende Ausgrabungen und Dokumentation der Befunde vereinbart wurden. Um der Zerstörung bzw. Schädigung archäologisch besonders sensibler Bereiche entgegenzuwirken, wurde der projektierte Trassenverlauf in Teilstrecken verlegt. Zwei besonders vielversprechende Bereiche konnten als Sonderstrecken ausgewiesen werden (Sonderstrecken 1 und 2). Die Grabungen des Landesamtes fanden von Mai bis Oktober 1994 unter der Federführung von Dr. V. Dresely und Dr. habil. T. Weber statt. Die örtliche Grabungsleitung unterlag den Archäologen Dr. W. Letzner, A. Selent M. A. und B. Lück M. A. Der vorliegende Katalog beinhaltet die archäologischen Funde, welche während der Ausgrabungen auf Sonderstrecke 2 geborgen worden sind. Dieser Trassenabschnitt umfasst die auf der Gemarkung Oschersleben, Ldkr. Bördekreis, liegenden Fundstellen. Der insgesamt über 3 000 m lange Trassenabschnitt wurde von den Ausgräbern aus organisatorischen Gründen in mehrere Flächen bzw. Fundstellen unterteilt:
Fläche 1: Teilstück südlich der Bahnlinie bis Lehnertsgraben
Fläche 2: Teilstück zwischen Lehnertsgraben und Bode
Fläche 3: Teilstück nördlich der Straße nach Günthersdorf bis Bode
Fläche 4: Teilstück südlich der Straße nach Günthersdorf bis Espenlake
Fläche 5: Teilstück parallel der Bahnlinie bis zum Bahnübergang
Fläche 2, im unmittelbaren Überflutungsbereich der Bode gelegen, wurde nicht ausgegraben. Ein nicht eigens als Fläche ausgewiesener weiterer Grabungsbereich liegt nördlich der Eisenbahnlinie Oschersleben-Magdeburg. Die Sonderstrecke schneidet als spektakulärsten Befund auf 7-13 m Breite ein Erdwerk mit Doppelgraben, innerhalb dessen Einfriedung wiederum über 100 Befunde, vor allem Siedlungsgruben, ausgegraben und dokumentiert werden konnten. Das Grabenwerk ist auch auf einem Luftbild gut zu erkennen und dürfte eine Siedlungsfläche von etwa 15 ha umfriedet haben; eine Ausdehnung, die zu erahnen ist, etwa der Größe des mittelalterlichen Oschersleben entsprochen haben dürfte. Mehrfach als Anlage der Bernburger Kultur publiziert, hat sich erst im Rahmen der vorliegenden Katalogisierung heraus- gestellt, dass diese Einschätzung einer dringenden Revision bedarf. Nach typologischen Erwägungen handelt es sich hier zum einen um ein neolithisches Formenspektrum der ausgehenden älteren Trichterbecherkultur, wobei Merkmale der Baalberger Kultur überwiegen – und offenbar auch in „Reinform“ vorkommen -, während solche der ‚klassischen‘ Salzmünder Kultur nur in Ansätzen zu erahnen sind. Definierende Formen dieser Kultur – wie etwa Opperschöner Kannen – fehlen im Fundspektrum, Häufiger vorkommende Formen sind hingegen unverzierte Trichterbecher, pastos schlickgerauhte Töpfe mit Arkadenleisten, Knickwandschalen, Amphoren mit z. T. eher steilen Halspartien und – besonders markant – verschiedene Topfformen mit innen angelegter Randleiste. Ein vergleichbares Fundmaterial ist vor allem vorn Hutberg bei Wallendorf, Ldkr. Merseburg-Ouerfurt, bekannt. H. Behrens ordnete dieses Material in Übereinstimmung mit J. Preuß einer Frühphase der Salzmünder Kultur zu, während sich J. Beran veranlaßt sah, hieraus eine Hutberg-Gruppe zu definieren, deren Stichhaltigkeit in dieser Form jedoch umstritten ist.
(Auszug aus Vorbemerkungen)
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkungen
Literaturverzeichnisse
Abkürzungsverzeichnisse
Befunde und Funde
Tafeln