Die Liboriuskapelle, 1499 am Kopf der Werrabrücke an der Stelle einer einstigen Wallfahrtskapelle bei Creuzburg errichtet, birgt in ihrem Inneren eine vollständige spätmittelalterliche Ausmalung. Das für Thüringen einmalige, monumentale Bildprogramm stellt in Bildzyklen das Leben der Heiligen Elisabeth von Thüringen dem Leben Christi gegenüber. Im Zuge der Reformation übertüncht, wurde nach ihrer Wiederentdeckung 1932 und der euphorischen Freilegung 1938 in den nachfolgenden Jahrzehnten immer wieder ein ‚Verblassen‘ der Wandmalereien beobachtet. Trotz mehrfach durchgeführter Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen in den 1930er Jahren, nach Kriegsbeschädigung der Kapelle in den frühen 1950er Jahren und 1979 stand man dem immer wieder auftretenden Problem einer Schleierbildung auf den Bildkunstwerken mit einer gewissen Hilflosigkeit gegenüber. Die Darstellungen waren um 2000 nur noch sehr schwer zu erkennen. Aus der Öffentlichkeit wurden Befürchtungen laut, die bemerkenswerten Wandmalereien könnten wegen ihres zunehmenden Verblassens endgültig verloren gehen.
Die dem heiligen Liborius geweihte, spätmittelalterliche Brückenkapelle wurde 2014 mit ihrem bildergeschmückten Sakralraum sowohl der Kirchgemeinde als auch als wichtige touristische Attraktion an den Routen des Werra-Radweges und des Wasserwanderweges Werra der Region der Öffentlichkeit übergeben. Aus Sicht des Konservators der Bau- und Kunstdenkmale im Freistaat Thüringen sei dem landschaftlich herrlich gelegenen Ensemble der mittelalterlichen Werrabrücke mit Kapelle jedoch nicht nur die gebührende touristische, sondern auch die erforderliche konservatorische Aufmerksamkeit zu dessen Pflege gewünscht. Bei aller Sorgfalt in der Vorbereitung und Umsetzung der Konservierung werden die in den 1930er und 1950er Jahren aufgetragenen und nicht restlos entfernbaren Dammarharze sukzessive wieder Wassermoleküle aus der Luft einlagern, der Effekt einer scheinbaren „Vergrauung“ der Malerei kann daher nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Deshalb ist es empfehlenswert, wenn die Eigentümerin in regelmäßigen Abständen von einigen Jahren ein restauratorisches Monitoring veranlassen würde. Die Technologie zur Regenerierung der festgestellten Naturharze wurde gefunden und ist mit vergleichsweise geringem Aufwand anwendbar, sofern das Schadensphänomen nicht wieder die zuletzt zu bearbeitenden Ausmaße annimmt. Auch hier könnte sich der so erfolgreich wirkende Förderverein gezielt und zukunftsorientiert einbringen, beispielsweise durch die Initiierung einer genau auf die Pflege der Wandmalerei abzielende Stiftung oder Unterstiftung.
Inhaltsverzeichnis:
Holger Reinhardt:
• Vorwort
KUNSTHISTORISCHE BETRACHTUNGEN
Antje Coburger:
• Die Liboriuskapelle an der Creuzburger Werrabrücke
DENKMALPFLEGERISCHE UNTERSUCHUNGEN UND MAßNAHMEN
Andreas Creuzburg:
• Zur Freilegung der Wandmalereien in der Liboriuskapelle 1932–1938 und zu den danach davon angefertigten Fotografien
Volker Trautvetter:
• Überblick über die bauliche Instandsetzung und denkmalgerechte Sanierung der Außenhülle von 2006–2010
Stephan Scheidemann:
• Steinkonservatorische und -restauratorische Maßnahmen am spätgotischen Steinbau der Liboriuskapelle
Thomas Grasselt:
• Ausgrabungsbericht zur Untersuchung des Baugrundes der Liboriuskapelle in den Jahren 2010 und 2011
Veit Gröschner, Dina D. Sperl:
• Zu den Restaurierungsmaßnahmen an der Innenraumfassung der Liboriuskapelle
KULTURELLE ASPEKTE
Susanne-Maria Breustedt:
• Das theologische Bildprogramm der Wandmalereien
Michael Ernst:
• Entwicklung der Gestaltungsidee für die neue Inneneinrichtung 2012/13
Andreas Creuzburg:
• Die Sanierung der Liboriuskapelle in Creuzburg – eine Erfolgsgeschichte bürgerschaftlichen Engagements
Anhang
Plan 1: Grundriss Liboriuskapelle
Plan 2: Schnitt Liboriuskapelle
Plan 3: Befundstellenplan der Steinmetzzeichen
Zeichnerische Darstellung der Steinmetzzeichen an der Liboriuskapelle
Quellen und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Autorenverzeichnis