Die Entdeckung einer nach römischem Know-how errichteten und funktionierenden Töpferei bei Haarhausen, Kreis Arnstadt (Thüringen), mitten im germanischen Siedlungsraum der Hermunduren, ließ die archäologische Fachwelt aufhorchen. Für die thüringische Forschung ist diese Entdeckung mit Pompeji zu vergleichen, ließ sich doch nachweisen, dass aus dem römischen Gebiet nicht nur Gegenstände importiert wurden, sondern auch Technologietransfer nach Germanien erfolgte.
Die untersuchte Töpferei entspricht nicht nur im Vergleich der hier produzierten Drehscheibenware völlig römischen Funden, sondern auch die Töpferöfen gleichen in Bautechnologie, Baumaterialien (Wölbtöpfe, Trockenziegel) und Ofenführung ganz den römischen. Diese Ergebnisse basieren auch auf Erfahrungen mit Bränden im rekonstruierten Töpferofen. Die Analyse der besonders engen und vielseitigen Beziehungen zwischen Römern und Hermunduren – belegt schon durch P. C. Tacitus und durch die archäologischen Forschungen – führen die Autorin zu der These, dass die privilegierte Stellung der Hermunduren auf einem Bündnis mit den Römern beruhte. Dieses bildete ein stabiles Gegengewicht zu den benachbarten Chatten, die Rom-Gegner waren. Den Grad der „Romanisierung“ Thüringens symbolisieren u. a. überzeugend die in Haarhausen produzierten Reibschalen (Mortarien).
Teil B umfasst die Beschreibung der während der Ausgrabungen in den Jahren 1979 bis 1986 untersuchten Objekte und Funde der Töpferei. Vorgelegt werden die drei Töpferöfen, die Tonaufbereitungsanlage, die Reste einer großen Werkhalle und weiterer Bauten: Dazu gehört immer die Beschreibung der hierbei geborgenen Funde. Dieser Teil ist reich bebildert durch Fotos und Zeichnungen und bildet die Grundlage für die im Teil A zusammengestellten Ergebnisse zum neuesten Forschungsstand über die Einwirkung römischer Handwerker im germanischen Thüringen. Die Erkenntnisse stützen sich im Wesentlichen auf Ausgrabungsfunde und -befunde des Töpfereizentrums bei Haarhausen, Kreis Arnstadt (Thüringen).
Inhaltsverzeichnis:
Problemstellung
Übernahme römischer Technologie im Bereich der Keramikproduktion, dargestellt nach den Befunden von Haarhausen
• Produktionsanlagen – phänomenologische und technologische Interpretation
• Drehscheibenkeramik – phänomenologische und technologische Interpretation
• Kulturelle und chronologische Analyse der Kleinfunde, Datierung der Produktionsstätte
• Typologisch-kulturelle Einordnung der Produktionsanlagen
• Typologisch-chronologische Einordnung der Drehscheibenkeramik
• Produktivität der Töpferei – Betriebsstruktur – beginnende Warenproduktion
• Absatzgebiet der Haarhäuser Produktionsstätte und Fragen der Distribution ihrer Ware
• Ethnizität der Töpfer von Haarhausen und ihre soziale Stellung
Römischer Technologietransfer im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion
Einflüsse römischer Technologie im Bereich der Glasproduktion
Römischer Einfluss auf germanische Lebensweise
Nachweise römischen Kultes bei den Hermunduren/Thüringern
Römisches Importgut Thüringens als Spiegel römisch-germanischer Beziehungen
Ökonomische und soziale Struktur der Germanen des 3. Jh. im Thüringer Becken als Grundlage für römischen Technologie- und Warentransfer
„Romanisierung“ Thüringens als Reflexion auf die ökonomisch gesellschaftliche Struktur des Römischen Reiches
Zusammenfassung/Summary
Literaturverzeichnis
Helmut Busch
• Chemische Analysen und Brenntemperaturbestimmungen grauer Drehscheibenkeramik aus Thüringer Fundorten
Gerwulf Schneider
• Chemische Zusammensetzung von Keramik aus Haarhausen