Band 47, Heft 2

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U. Veit „Digging for symbols“: Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie als Kulturwissenschaft? – B. Armbruster Steingeräte des bronzezeitlichen Metallhandwerks – F. Biermann & R. Gebuhr Fiktion und Befund. Archäologische und historische Untersuchung von Schanzen auf dem Bricciusberg in Belzig – K. Spijker Mauritian Coarse Ware from the Fort Frederik Hendrik, Mauritius – Diskussion: C. Eger & S. Panzram Michael Kulikowski und die spätantike Stadt in Spanien: Kritische Anmerkungen zum Fallbeispiel Munigua – Rezensionen und Annotationen ### Zusammenfassungen ### ‚Digging for symbols“: Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie als Kulturwissenschaft? von Ulrich Veit (Tübingen): Der Titel dieses Beitrags „Digging for symbols“ ist einem Aufsatz entlehnt, den der amerikanische Kulturanthropologe Aram A. Yengoyan vor rund 20 Jahren veröffentlicht hat. Er diskutiert darin aktuelle Versuche, Archäologie von einer „Wissenschaft des Spatens“ (Heinrich Schliemann) in eine Kulturwissenschaft zu transformieren. Zu den Kulturwissenschaften rechnete Max Weber bekanntlich alle jene Fächer, die menschliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Kulturbedeutung betrachten. Kann und sollte die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie Teil eines solchen Projekts werden? Das Hauptziel meines Beitrags ist es zu zeigen, dass die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der Tat stärker als bisher in das Feld der Kulturwissenschaften einbezogen werden sollte, und einige Gedanken zu entwickeln, in welcher Weise dies geschehen könnte. Dies setzt aber voraus, dass eine Erklärung dafür gefunden wird, warum entsprechende Bemühungen einer kulturwissenschaftlichen Neuausrichtung des Faches erst in jüngster Zeit – und zwar hauptsächlich außerhalb der archäologischen Forschungstradition Mitteleuropas – unternommen wurden. Ansatzpunkt dieser Ausführungen bildet deshalb eine Erörterung des aktuellen Selbstverständnisses des Faches und seiner forschungsgeschichtlichen Grundlagen. ### Steingeräte des bronzezeitlichen Metallhandwerks von Barbara Armbruster (Toulouse): Der Beitrag behandelt steinerne Werkzeuge der Gold- und Bronzeverarbeitung, die in archäologischen Befunden selten auftreten. Die prinzipiellen Funktionen dieser Geräte sind die Verwendung als Gussformen, Hämmer, Ambosse, Reib- und Schleifsteine sowie Prüfsteine. Diese Untersuchung basiert auf archäologischen Funden und auf Werkzeugspuren, die bei der Herstellung der Metallobjekte entstanden sind. Die Technologie solcher Werkzeuge, die in Metallwerkstätten der Bronzezeit verwendet wurden, wird interdisziplinär betrachtet. Darstellungen von Kunsthandwerkern in ägyptischen Grabanlagen oder in alten spanischen Chroniken bilden Steinwerkzeuge und deren Handhabung bei der Metallbearbeitung detailliert ab. Ethnoarchäologische Forschungen zu traditionellen afrikanischen und alten mesoamerikanischen Werkstätten bieten Analogien zu Deutungsmodellen, die den Einsatz steinerner Werkzeuge in der Metallbearbeitung erklären können. Ergebnisse der experimentellen Archäologie sind ein weiteres Mittel, um technische Erkenntnisse zur praktischen Anwendung solcher Werkzeuge zu gewinnen. Schließlich bietet die Archäometrie analytische Daten, die es erlauben, die Materialzusammensetzung von Metallspuren und Gesteinssorten zu bestimmen. ### Fiktion und Befund. Archäologische und historische Untersuchung von Schanzen auf dem Bricciusberg in Belzig von Felix Biermann (Greifswald) & Ralf Gebuhr (Cottbus): Auf dem Bricciusberg bei der Burg und Festung Eisenhardt in Belzig (Fläming) befinden sich Wallanlagen und Gräben, die bislang als früheisenzeitlich gedeutet wurden. Die hier vorgelegten Ausgrabungen des Jahres 2002 bestätigten zwar die vorgeschichtliche Nutzung des Berges, weisen die erhaltenen Befestigungen jedoch dem 15. oder 16. Jh. zu. Der neu gewonnene Datierungsansatz wurde zum Ausgangspunkt einer kulturhistorischen Untersuchung: Zur Klärung der Frage, ob es sich um Elemente der Festungswerke handelt oder um Belagerungsschanzen, werden insbesondere die beiden Belagerungen von 1406 und 1429, die als geschichtlich gesichert galten, überprüft. Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass sie Fiktionen jüngerer Zeit sind. Die Forschungen führen mithin zu dem Ergebnis, dass die Wälle im Zusammenhang mit der Verstärkung der Burg zur Festung entstanden. Indem somit ein neuer historischer Kontext für den archäologischen Befund gewonnen wird, zeigt sich zugleich das Potential archäologisch-historischer Untersuchungen an Bodendenkmalen aus jüngerer Zeit. Auf dieser Grundlage können über den unmittelbaren Untersuchungsgegenstand hinaus technik- und kulturhistorische Probleme der Kriegsführung und des Befestigungswesens zwischen Mittelalter und Neuzeit genauer betrachtet werden. ### Mauritische Grobe Ware vom Fort Frederik Hendrik, Mauritius. by Kim Spijker2 (Amsterdam): Der Ausgrabungskomplex vom Fort Frederik Hendrik der Dutch East India Company auf der Insel Mauritius enthielt einen bisher unbekannten Typ von Gefäßkeramik. Diese Keramik kann in vier Herstellungsgruppen eingeteilt werden, nämlich in Grobware, Feinware, hart gebrannte Ware und fliesenartige Ware. Die Möglichkeit, Herstellungsart und Aussehen zu unterscheiden, lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich die einzelnen Warengruppen aus verschiedenen Funktionen ergeben haben. Es gibt drei Methoden der Herstellung: handgemachte, auf Töpferscheibe gedrehte und abgedrehte Randtechnik, letztere als eine kombinierte Technik. Da deren Parallelen in Indien und Afrika verbreitet sind, ist es schwierig, den Ursprung zu ermitteln. Außerdem ist die Insel in die Geschichte der Sklaverei sowohl Afrikas als auch Indiens eingebunden. Daher ist eine Antwort zur Herkunft nur möglich, wenn Parallelen der Gefäßformen in Asien oder in Afrika nachweisbar wären. Dünnschliffe würden ermöglichen, den Mineralgehalt des Tons zu erkennen, bzw. auszuschließen, dass lokaler Ton verwendet wurde. Die Mauritische Grobe Ware findet sich auf der Insel sowohl in niederländischen als auch in französischen Kontexten.

Gewicht 350 g
Bestellnr

2-36-47-2

Produktgruppe

Verkaufsprogramm

Reihe

Zeitschrift/Reihen

Hauptgruppe

Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift (EAZ)

Untergruppe
ISBN
KurzbezTitel

Band 47, Heft 2

Autor

Hrsg von J. Callmer und R. Struwe

Erscheinungsjahr

2006

TechnischeAbgaben

5 Beiträge zum Stand der Forschung, zahlr. Abb. in SW

Inhalt

U. Veit „Digging for symbols“: Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie als Kulturwissenschaft? – B. Armbruster Steingeräte des bronzezeitlichen Metallhandwerks – F. Biermann & R. Gebuhr Fiktion und Befund. Archäologische und historische Untersuchung von Schanzen auf dem Bricciusberg in Belzig – K. Spijker Mauritian Coarse Ware from the Fort Frederik Hendrik, Mauritius – Diskussion: C. Eger & S. Panzram Michael Kulikowski und die spätantike Stadt in Spanien: Kritische Anmerkungen zum Fallbeispiel Munigua – Rezensionen und Annotationen ### Zusammenfassungen ### 'Digging for symbols“: Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie als Kulturwissenschaft? von Ulrich Veit (Tübingen): Der Titel dieses Beitrags „Digging for symbols“ ist einem Aufsatz entlehnt, den der amerikanische Kulturanthropologe Aram A. Yengoyan vor rund 20 Jahren veröffentlicht hat. Er diskutiert darin aktuelle Versuche, Archäologie von einer „Wissenschaft des Spatens“ (Heinrich Schliemann) in eine Kulturwissenschaft zu transformieren. Zu den Kulturwissenschaften rechnete Max Weber bekanntlich alle jene Fächer, die menschliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Kulturbedeutung betrachten. Kann und sollte die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie Teil eines solchen Projekts werden? Das Hauptziel meines Beitrags ist es zu zeigen, dass die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der Tat stärker als bisher in das Feld der Kulturwissenschaften einbezogen werden sollte, und einige Gedanken zu entwickeln, in welcher Weise dies geschehen könnte. Dies setzt aber voraus, dass eine Erklärung dafür gefunden wird, warum entsprechende Bemühungen einer kulturwissenschaftlichen Neuausrichtung des Faches erst in jüngster Zeit – und zwar hauptsächlich außerhalb der archäologischen Forschungstradition Mitteleuropas – unternommen wurden. Ansatzpunkt dieser Ausführungen bildet deshalb eine Erörterung des aktuellen Selbstverständnisses des Faches und seiner forschungsgeschichtlichen Grundlagen. ### Steingeräte des bronzezeitlichen Metallhandwerks von Barbara Armbruster (Toulouse): Der Beitrag behandelt steinerne Werkzeuge der Gold- und Bronzeverarbeitung, die in archäologischen Befunden selten auftreten. Die prinzipiellen Funktionen dieser Geräte sind die Verwendung als Gussformen, Hämmer, Ambosse, Reib- und Schleifsteine sowie Prüfsteine. Diese Untersuchung basiert auf archäologischen Funden und auf Werkzeugspuren, die bei der Herstellung der Metallobjekte entstanden sind. Die Technologie solcher Werkzeuge, die in Metallwerkstätten der Bronzezeit verwendet wurden, wird interdisziplinär betrachtet. Darstellungen von Kunsthandwerkern in ägyptischen Grabanlagen oder in alten spanischen Chroniken bilden Steinwerkzeuge und deren Handhabung bei der Metallbearbeitung detailliert ab. Ethnoarchäologische Forschungen zu traditionellen afrikanischen und alten mesoamerikanischen Werkstätten bieten Analogien zu Deutungsmodellen, die den Einsatz steinerner Werkzeuge in der Metallbearbeitung erklären können. Ergebnisse der experimentellen Archäologie sind ein weiteres Mittel, um technische Erkenntnisse zur praktischen Anwendung solcher Werkzeuge zu gewinnen. Schließlich bietet die Archäometrie analytische Daten, die es erlauben, die Materialzusammensetzung von Metallspuren und Gesteinssorten zu bestimmen. ### Fiktion und Befund. Archäologische und historische Untersuchung von Schanzen auf dem Bricciusberg in Belzig von Felix Biermann (Greifswald) & Ralf Gebuhr (Cottbus): Auf dem Bricciusberg bei der Burg und Festung Eisenhardt in Belzig (Fläming) befinden sich Wallanlagen und Gräben, die bislang als früheisenzeitlich gedeutet wurden. Die hier vorgelegten Ausgrabungen des Jahres 2002 bestätigten zwar die vorgeschichtliche Nutzung des Berges, weisen die erhaltenen Befestigungen jedoch dem 15. oder 16. Jh. zu. Der neu gewonnene Datierungsansatz wurde zum Ausgangspunkt einer kulturhistorischen Untersuchung: Zur Klärung der Frage, ob es sich um Elemente der Festungswerke handelt oder um Belagerungsschanzen, werden insbesondere die beiden Belagerungen von 1406 und 1429, die als geschichtlich gesichert galten, überprüft. Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass sie Fiktionen jüngerer Zeit sind. Die Forschungen führen mithin zu dem Ergebnis, dass die Wälle im Zusammenhang mit der Verstärkung der Burg zur Festung entstanden. Indem somit ein neuer historischer Kontext für den archäologischen Befund gewonnen wird, zeigt sich zugleich das Potential archäologisch-historischer Untersuchungen an Bodendenkmalen aus jüngerer Zeit. Auf dieser Grundlage können über den unmittelbaren Untersuchungsgegenstand hinaus technik- und kulturhistorische Probleme der Kriegsführung und des Befestigungswesens zwischen Mittelalter und Neuzeit genauer betrachtet werden. ### Mauritische Grobe Ware vom Fort Frederik Hendrik, Mauritius. by Kim Spijker2 (Amsterdam): Der Ausgrabungskomplex vom Fort Frederik Hendrik der Dutch East India Company auf der Insel Mauritius enthielt einen bisher unbekannten Typ von Gefäßkeramik. Diese Keramik kann in vier Herstellungsgruppen eingeteilt werden, nämlich in Grobware, Feinware, hart gebrannte Ware und fliesenartige Ware. Die Möglichkeit, Herstellungsart und Aussehen zu unterscheiden, lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich die einzelnen Warengruppen aus verschiedenen Funktionen ergeben haben. Es gibt drei Methoden der Herstellung: handgemachte, auf Töpferscheibe gedrehte und abgedrehte Randtechnik, letztere als eine kombinierte Technik. Da deren Parallelen in Indien und Afrika verbreitet sind, ist es schwierig, den Ursprung zu ermitteln. Außerdem ist die Insel in die Geschichte der Sklaverei sowohl Afrikas als auch Indiens eingebunden. Daher ist eine Antwort zur Herkunft nur möglich, wenn Parallelen der Gefäßformen in Asien oder in Afrika nachweisbar wären. Dünnschliffe würden ermöglichen, den Mineralgehalt des Tons zu erkennen, bzw. auszuschließen, dass lokaler Ton verwendet wurde. Die Mauritische Grobe Ware findet sich auf der Insel sowohl in niederländischen als auch in französischen Kontexten.

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