Die großen Veränderungen, die Wittenberg im Hinblick auf das bevorstehende Jubiläum erfahren hat und dessen alles überstrahlendes Thema die Stadt selbst sogar im Namen trägt, spiegeln sich nicht nur in Neubauvorhaben wider, sondern insbesondere auch in Erhaltung und Wiederherstellung bereits bestehender Gebäude. Stand im ersten Band unserer Publikationsfolge zu Wittenberg der Südflügel des Schlosses, bei dem es sich faktisch um einen Neubau handelt, im Fokus, so berührt der vorliegende Band ein bestehendes Denkmal von derart überregionaler Bedeutung, dass es in den Kreis der Welterbestätten aufgenommen wurde. Die umfänglichen Sanierungen der Wittenberger Stadtkirche St. Marien waren nicht allein aufgrund des Reformationsjubiläums in Angriff genommen geworden, sondern wegen des baulichen Zustandes auch dringend angeraten. Mehr als diese bedeutende bauliche Hülle sind es jedoch die an diesem Ort vollzogenen, dargestellten und inszenierten, radikal neuen geistigen Inhalte, die sich auch in der Innenausstattung wie dem programmatischen Reformationsaltar von Lucas Cranach d. Ä. und Lucas Cranach d. J. sowie den zahlreichen Epitaphen einflussreicher Reformatoren und Wittenberger Bürger zeigen.
Gerade diese für die Reformation so bedeutenden Persönlichkeiten wie z. B. Johannes Bugenhagen, Paul Eber, der Verleger Bartholomäus Vogel d. Ä. und natürlich Martin Luther selbst predigten und beteten in der Stadtpfarrkirche. Mehr noch als bei der Wiedererrichtung des Südflügels des Schlosses stellt sich bei einem der präsentesten Gebäude der Lutherstadt, nämlich der Wittenberger Stadtpfarrkirche. die Frage nach einem angemessenen denkmalpflegerischen Umgang mit dem Denkmal, geschehen doch alle Veränderungen, sowohl der äußeren Gestalt als auch im Inneren, vor aller Augen, inmitten einer öffentlichen Wahrnehmung, sodass sich die fachliche Denkmalpflege auch mit der im Raum stehenden bürgerschaftlichen Kritik auseinanderzusetzen hat. Dies umso mehr, wenn vor den Augen der engagierten Bürgerschaft ihr bedeutsamstes, wenn nicht gar im eigenen Empfinden wichtigstes Denkmal so unvermittelt und drastisch sein Äußeres verwandelt.
Der Bürgerschaft einerseits Antwort auf ihre Fragen zu geben und andererseits auch über die Ergebnisse der jüngsten Forschungen und Ausgrabungen zu berichten, diente das interdisziplinäre Kolloquium vom 25.11.2013, das in bewährter Weise gemeinsam mit dem Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas der Martin-Luther – Universität Halle-Wittenberg veranstaltet wurde und dessen Beiträge hier in Form eines weiteren Bandes zum Thema »Archäologie in Wittenberg« den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt zur Kenntnis gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis:
Harald Meiler
• Vorwort
EINFÜHRUNG
Leonhard Helten und Andreas Hille
• Zur Archäologie und Kunstgeschichte der Stadtpfarrkirche St. Marien zu Wittenberg
Leonhard Helten
• Die Stadtpfarrkirche St. Marien zu Wittenberg
Mario Titze
• Erkenntnisse zur Baugeschichte der Wittenberger Stadtpfarrkirche St. Marien als Grundlage und Richtlinie für das denkmalpflegerische Restaurierungskonzept
Bettina Seyderhelm
• Zu den Konservierungsmaßnahmen am Reformationsaltar der Stadtpfarrkirche St. Marien in Wittenberg
Holger Rode
• Die baubegleitenden archäologischen Untersuchungen an und in der Wittenberger Stadtpfarrkirche
Ulrich Fach
• Die Fundmünzen aus der Stadtpfarrkirche der Lutherstadt Wittenberg
Cornelia Neustadt
• Die Grabdenkmale im Fundmaterial
Mario Titze
• Das Relief der »Judensau«
Heiko Breuer
• Ein Schuhfragment aus der Wittenberger Stadtpfarrkirche
Friederike Hertel
• Textilien im archäologischen Fundmaterial
Literatur und Quellen
Abbildungsnachweis
Autorenverzeichnis