Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie Sachsen Anhalt Band 54: Nebra – eine jungpaläolithische Freilandstation im Saale-Unstrut-Gebiet

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Nördlich der Stadt Nebra, Ldkr. Burgenlandkreis, liegt der Flurteil ‚Die Altenburg‘. Es ist ein Bergsporn, der weit nach Norden in das Unstruttal vorspringt. Hier befand sich vor der Erweiterung von Sportplatzanlagen und dem Bau von Nachfolgeeinrichtungen eine Oberflächenfundstelle mit jungpaläolithischen, weiß patinierten Feuersteinartefakten. F. Naumann hatte bereits bei geologischen Untersuchungen und Kartierungsarbeiten vor etwa 70 Jahren die ersten Feuersteinabschläge aufgelesen, ohne ihre wahre Bedeutung zu erkennen. Viele Jahre später suchte der Geologe H. Freising, der durch den Zweiten Weltkrieg aus Mähren nach Nebra verschlagen worden war, erfolgreich nach Artefakten auf der ‚Altenburg‘. Am 12.11.1957 entdeckten dann V Toepfer, H. Hanitzsch und W. Matthias vom Landesmuseum für Vorgeschichte Halle den Fundplatz aufs Neue. Seitdem wurde dort bis zur Ausgrabung regelmäßig abgesammelt. Diese wurde durch die Erweiterung der Sportplatzanlagen und die Errichtung eines Terrassencafes mit Touristenhotel erzwungen und als Rettungsaktion in der Zeit vom 12.06. bis 11.07.1962 durchgeführt, nachdem bereits im Herbst 1961 eine kleine Probegrabung am Feldrand zwar Artefakte, aber keine intakte Fundschicht mehr angetroffen hatte. Die dadurch bedingte Auffassung, es handele sich um eine oberflächennahe, durch den Ackerbau völlig zerstörte Fundstelle, musste allerdings im Laufe der Ausgrabung gründlich revidiert werden. Da ein Weg zwischen dem Felshang des Bergsporns und dem Feld mit der Fundstelle im Jahre 1962 nicht mit in die Grabung einbezogen werden konnte, obwohl ein Teil des Fundplatzes unter ihm verborgen blieb, erfolgte im Juli 1969 eine zweiwöchige Nachuntersuchung. Anschließend wurde durch den Bau einer Klärgrube sowie eine 4 bis 8 m hohe Aufschüttung das Gebiet der Fundstelle zerstört bzw. völlig unzugänglich. Die Grabungsleitung hatte V Toepfer; außer H. Hanitzsch nahm ich als junger Grabungshelfer an der Grabung teil. Zu dieser Zeit war ich als Aspirant am Geologisch-Paläontologischen Institut der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg beschäftigt. 1969 führte ich die Nachuntersuchung durch. Nachdem der Ackerboden untersucht und abgetragen war, wurden nicht nur die Reste des jungpaläolithischen Rastplatzes, sondern auch zufällig – als einziger Hinweis auf eine ehemalige Burg oder befestigte Siedlung – ein mit Schutt und Erde gefüllter Graben, Pfostenreihen sowie Abfall- und Siedlungsgruben einer jungbronzezeitlichen Siedlung angeschnitten. Allerdings wurden jüngere als bronzezeitliche Funde erwartet, da nicht anzunehmen war, dass der Name „Altenburg“ noch mit einer prähistorischen Burg in Verbindung stehen könnte. Am Ende des vorigen Jahrhunderts soll vor der endgültigen Planierung des Geländes noch eine flache Senke auf dem Bergplateau vorhanden gewesen sein, die richtig als Burggraben gedeutet wurde. Sie war kaum auf den jungbronzezeitlichen Graben zurückzuführen, sondern wurde durch einen zweiten, viel jüngeren Graben verursacht. Dieser wurde im Verlaufe der weiteren Grabung festgestellt. Er schnitt als 3,5 m in den Sandsteinfelsen eingetiefter und 6 m breiter Spitzgraben in Längsrichtung den älteren bronzezeitlichen Sohlgraben, der nur 2 m tief war. Offensichtlich gehörte er zur mittelalterlichen Burg, die hier errichtet war, und von der noch ‚Steinhaufen‘ und ‚Grundmauern‘ zeugten, die in der älteren Heimatliteratur erwähnt wurden. Da die Schnitte durch den Graben keine Funde ergaben, kann er nicht endgültig datiert werden. Aber die Annahme, dass er auch auf eine frühgeschichtliche Befestigungsanlage zurückgehen kann, ist durchaus gerechtfertigt. Spätestens er verhalf dem Bergsporn zu seinem Namen. Von der bronzezeitlichen Anlage konnten noch zahlreiche Details beobachtet und durch gezielte Sondagen erfasst werden. So endete der Sohlgraben etwa 3 m vor dem Steilabfall des Spornes, um einer Toranlage Platz zu machen, von der, wie auch von der sich anschließenden Wehrmauer (‚Holz-Erde-Mauer‘), an der Innenseite des Grabens noch Pfostengruben erhalten waren. An der Steilhangkante selbst zog sich eine Randpalisade entlang, wie dies große und tiefe Pfostengruben im Abstand von etwa 1 m anzeigten. Im Inneren der Burg erschienen zahlreiche Siedlungsgruben, in denen teilweise verbrannte menschliche Skeletteile bestattet waren. Schon diese Burg hat die südliche Hälfte des jungpaläolithischen Rastplatzes zerstört. Eventuell noch vorhandene Fundgebiete des Vorplatzes wurden durch den viel breiteren Graben der jüngeren Burg beseitigt. Erstaunlicherweise wurde der erhaltene nördliche Teil des Rastplatzes nur wenig durch die bronzezeitliche Überbauung und Besiedlung beeinträchtigt, obwohl deren Niveau nur wenige Zentimeter über der jungpaläolithischen Fundschicht lag. Das gilt auch für die mittelalterliche Besiedlung des Platzes. So war es auch noch möglich, Hinweise auf die holozäne Bodenbildung zu beobachten, die den Platz überprägt hat.
(Auszug aus Vorwort)

Inhaltsverzeichnis

Zur Geopraphie, Morphologie und Geologie der Fundstelle Nebra
Die allgemeine Befundsituation
Katalog
Die Artefakte von Nebra
• Steinartefakte
• Artefakte aus organischen Material und besondere kulturelle Gegenstände
Die Grubenfüllungen
Zur Verbreitung der Artefakte und Knochenreste auf der Siedlungsfläche
Verwendung von Farbstoff
Feuerstellen
Schlussfolgerung zur Siedlungsstruktur von Nebra
Die faunistischen Reste (mit Beiträgen von V. Töpfer † )
Der menschliche Milchmolar von Nebra (von E. Vlcek)
Zur Paläoökologie und Zeitstellung von Nebra
Schlussbetrachtungen
Tabellen
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tafeln