Die in repräsentativer Architektur errichteten und oftmals künstlerisch ausgestatteten Gutshäuser nicht nur Sachsen-Anhalts zählen zweifelsfrei zu unseren wichtigen Kulturgütern. In ihnen verdeutlichen sich neben dem gesellschaftlichen Anspruch und der Bildung einer höheren sozialen Schicht aktuelle Kunst- und Kulturströmungen der jeweiligen Zeit, sodass sie prägend für ganze Landschaften werden konnten. Das barocke Gutshaus in Ermlitz, von 1771-1945 Wohnsitz der bedeutenden Juristen- und Kaufmannsfamilie Apel, zeugt in ganz besonderer Weise von diesem mehrschichtigen Denkmalwert. In Anlehnung an die aristokratische Wohnkultur wurde in Ermlitz der damals moderne Bautypus einer Maison de plaisance aufgegriffen und mit einer außerordentlich bemerkenswerten Ausstattung versehen, die sich geschossübergreifend in beeindruckender Vollständigkeit und Qualität erhalten hat. Hervorzuheben sind neben anderem die mit einem ambitionierten Bildprogramm bemalten Leinwandbespannungen der Obergeschossräume, die vollständig an ursprünglicher Stelle erhalten sind und in dieser Form deutschlandweit ihresgleichen suchen. Denkmalkonstituierende Bestandteile der heute noch erlebbaren historischen Gesamtanlage sind überdies neben dem Gutshaus der weiträumige Wirtschaftshof mit repräsentativer Toreinfahrt und die gestalteten Frei- und Parkflächen. Hinzu kommt die sogenannte Apelsche Sammlung, zu der wertvolle Handschriften, Bücher und seltene Musikinstrumente gehören und die den hohen kulturell-künstlerischen Anspruch der Gutsbesitzer verdeutlicht. Als Gäste haben so berühmte Persönlichkeiten wie Carl-Maria von Weber, Felix Mendelssohn Bartholdy, Friedrich de la Motte Fouqué und Richard Wagner den künstlerisch-gesellschaftlichen Anspruch dieses Hauses zur Geltung gebracht. Gutsanlagen gehören zu den gefährdetsten Denkmalgattungen. Die sich ehemals auch in finanzieller Hinsicht tragende Einheit von repräsentativem Wohnsitz, landwirtschaftlichem Betrieb und Freiflächengestaltungen wurde fast durchgehend seit den 1940er Jahren aufgegeben. oftmals ist die ursprüngliche Gesamtanlage auf mehrere Eigentümer aufgeteilt, Nutzungsanforderungen haben sich deutlich verändert, und die einst aufwendige Wohnkultur wurde aufgegeben.
(Auszug aus Vorwort)
Inhalt:
Elisabeth Rüber-Schütte
• Vorwort
Arnd Mackenthun
• Kultur-Gut Ermlitz. Traum und Wirklichkeit
Dorothee Honekamp-Könemann, Karoline Danz
• Gut Ermlitz. Das Baudenkmal und die denkmalpflegerischen Maßnahmen nach 1945
Heike Mortell, Nils Fischer
• Der Gutspark Ermlitz
Alberto Schwarz
• Das Herrenhaus in Ermlitz. Kulturgeschichtliche Bedeutung und Baugestalt
Sabine Thümmler
• Die Tapetenenfilade der Beletage von Gut Ermlitz. Tapetenkultur um 1770 in Deutschland
Gun-Dagmar Helke
• Zur Datierung der historischen Leinwandtapeten anhand grafischer Vorlagen
Stephanie Hilden, Ursula Haller, Karin Krüger
• Die Wandbespannungen des Herrenhauses Ermlitz. Pilotphase Roter Salon: Restaurierung und Wiederanbringung mittels Permanentmagneten
Dorothea Böck
• August Apel und die Sächsische Romantik
Birgit Heise
• Klingende Gläser und Töne aus der Luft. Musikinstrumente auf Gut Ermlitz
Thomas Krakow
• ‚In der himmlischen Umgebung herum(zu)streifen«. Richard Wagner und Ermlitz
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