Deus lo vult – Gott will es! Mit göttlichem Auftrag brachen jene einst auf, die die heiligen Stätten der Christenheit von den Ungläubigen befreien wollten. Getrieben vom Glaubensfeuer und der Aussicht auf himmlischen und irdischen Lohn zogen sie ins Morgenland und eröffneten damit das Zeitalter der Kreuzzüge. Die politische Aktualität des Kreuzzugsgedankens verstärkt das Interesse an der Erforschung des historischen Phänomens. Denn wenige Ereignisse haben die abendländische Geschichte so geprägt wie diese gewaltsame Begegnung mit dem Morgenland. Zwei Kulturkreise prallten da aufeinander, die aufgrund ihrer konkurrierenden Gottesvorstellungen und großer zivilisatorischer Unterschiede wenig Verständnis füreinander haben konnten. Seit 1999 bereiten die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim eine Ausstellung zu diesem Thema unter dem Titel „Saladin und die Kreuzfahrer“ vor. Als Partner konnten noch das Landesmuseum für Natur und Mensch und das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle gewonnen werden.
So fremde Lebensart im Orient? Wie passten ihre Lebensgewohnheiten nun in die neue Umgebung? Einer Veränderung seiner Wahrnehmung entging wohl kaum ein Kreuzfahrer. Wurden die künstlerischen Ausdrucksweisen des jeweils anderen in der Begegnung des Abendlandes mit dem Orient überhaupt wahrgenommen, dienten sie vielleicht sogar als Anregung? Und nicht zuletzt: Wie stellten sich die Ereignisse aus arabischer Sicht dar? Wie sah und beurteilte man auf beiden Seiten sich selbst und den jeweiligen Gegner? Die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und ihre Partner wollen diese aktuellen Forschungsansätze für ihr Vorhaben gebührend berücksichtigen und luden deshalb ein zum wissenschaftlichen Kolloquium mit dem Titel „Konfrontation der Kulturen? Saladin und die Kreuzfahrer“.
Am 4. und 5. November 2004 trafen sich führende Kreuzzugsforscher, Historiker, Orientalisten und Kunsthistoriker, in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim zum Wissensaustausch. Die Vorträge liegen nun in diesem Band vor, die neuen Ansätze und Fragestellungen spiegeln den Stand der Forschung wider. Wir danken allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre Teilnahme, ihre Textbeiträge und ihren Einsatz in den Diskussionen.
Prof. Dr. Alfried Wieczorek
Ltd. Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim
Prof. Dr. Mamoun Fansa
Ltd. Direktor Landesmuseum für Natur und Mensch, Oldenburg
Dr. Harald Meller
Ltd. Direktor Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort der Museumsdirektoren
EINFÜHRUNG
Stefan Weinfurter
• Saladin und die Kreuzfahrer. Begegnung oder Konfrontation der Kulturen?
HOF UND HÖFISCHE KULTUR IM HOCHMITTELALTER
Martin Kintzinger
• Curia und Curiositas. Kulturkontakt am Hof im europäischen Mittelalter
Heinz Gaube
• Hof und höfische Kultur im Orient des Hochmittelalters
KUNST UND KULTURTRANSFER
Jürgen Krüger
• Outremer – Architektur im Heiligen Land als Kolonialarchitektur?
Avinoam Shalem
• Exportkunst und Massenproduktion. Überlegungen zur Ästhetik islamischer „Luxus“-Objekte zur Zeit der Kreuzzüge
WAHRNEHMUNGSMUSTER VOM ANDEREN UND IDENTITÄTSBILDUNG
Rainer Christoph Schwinges
• Die andere Seite und sich selbst im Blick. Wahrnehmung und Identität zur Zeit der Kreuzzüge
Peter Thorau
• „Die Truppen der Türken aber erfasste das Stammesbewusstsein“. Integrations- und Selbstwahrnehmungsprozesse der islamischen Welt in der Auseinandersetzung mit den Kreuzfahrern.
KREATIONEN DES MYTHOS „KREUZZÜGE“ VOM 11. BIS ZUM 21. JAHRHUNDERT
Nikolas Jaspert
• Von Karl dem Großen bis Kaiser Wilhelm: Die Erinnerung an vermeintliche und tatsächliche Kreuzzüge in Mittelalter und Moderne.
Hannes Möhring
• Saladin, der edle Heide – Mythisierung und Realität
SCHLUSS
Bernd Schneidmüller
• Vom Umgang mit Konfrontationen und Kulturen. Eine Zusammenfassung