Im 230. Geburtsjahr Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers (1768–1834) zogen das Referat Bauforschung und erste Sammlungen des einstigen Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt in die ehemalige Wirkungsstätte des berühmten Theologen und Philosophen. Nach jahrelangem Leerstand und schleichendem Verfall war mit der Gesamtsanierung und neuen Nutzung des Schleiermacherhauses letztlich die Rettung eines der bemerkenswertesten Profanbauten der Stadt Halle gewährleistet. Das markante Renaissancepalais in der Großen Märkerstraße 21/22 ist heute Sitz der Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege des nunmehrigen Landesamtes fu?r Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Schon lange reifte das Vorhaben, die Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudekomplexes anhand der bei den jüngsten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erhobenen bauarchäologischen und restauratorischen Befunde bekanntzumachen. Inzwischen ergaben die miteinander verzahnten interdisziplinären Forschungen weitere spektakuläre Erkenntnisse zur Geschichte dieses Gebäudeensembles inmitten der Altstadt. Die fast 800-jährige Hausgeschichte spiegelt eindrucksvoll den Werdegang Halles von der Salz- und Handelsstadt zur Universitäts- und Großstadt wider. So zeugt etwa der mittelalterliche Seitenflügel des Schleiermacherhauses von dem repräsentativen Anspruch aus dem 12. und 13. Jahrhundert stammender profaner Steinbauten in Halle. Nachdem dieses steinerne Haus zunächst auch der Rechtsprechung diente, wurde es in der frühen Neuzeit zu einem Stadtpalais ausgebaut, das mit seinen gewölbten Räumen und einer aufwändig gemalten Holzdecke vom Repräsentationswillen eines standesbewussten Renaissancebauherren zeugte. Als ein die Nachbarhäuser in der Straße markant überragender Bau prägte nun das Schleiermacherhaus über Jahrhunderte das Erscheinungsbild der Stadt. Die Besitzer des Hauses waren lange Zeit den erzbischöflichen Landesherren und Administratoren verpflichtet, bevor das Gebäudeensemble zur Keimzelle der 1694 gegründeten brandenburgisch-preußischen Universität wurde. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein war das Gebäude mit der Universität verbunden, und im Verlauf des 20. Jahrhunderts verfestigte sich die Benennung als Schleiermacherhaus. Die staatliche Denkmalpflege hielt noch vor der Wende des Jahres 1989 den Verfall des Gebäudes auf und entwarf über die politischen Veränderungen hinweg eine solide Erhaltungs- und Nutzungsperspektive, an deren Ausbau die praktische Denkmalpflege selbst beteiligt war, bevor das einstige Landesamt geschlossen einziehen konnte.
Die Schriftüberlieferung zum Schleiermacherhaus, seine komplexe Bau- und Nutzungsgeschichte, umfangreiches archäologisches Fundgut und die Innenausstattung einschließlich der prächtigen Deckenmalereien und Adlerkapitelle werden erstmals in einer Gesamtdarstellung zusammengefasst und vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis:
Elisabeth Rüber-Schütte:
• Vorwort
Andres Stahl:
• Das Schleiermacherhaus in Halle (Saale)
Michael Ruprecht:
• Exerzitienschule, Ritterakademie, Professorenhaus – Das Schleiermacherhaus und seine Verbindung zur Universität Halle
Gotthard Voß:
• Der lange Weg ins Haus des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt
Reinhard Schmitt:
• Zur Baugeschichte des Schleiermacherhauses vom 13. Bis zum 20. Jahrhundert
Barbara Pregla:
• Profane Steinbauten des 12. Und 13. Jahrhunderts im historischen Stadtgebiet von Halle
Volker Seifert:
• Die Reste zweier Säulchen mit Adlerkapitellen des 13. Jahrhunderts
Detlef Wulf:
• Alltagszeugen einer Hausgeschichte – Die bauarchäologischen Funde aus dem Haus Grosse Märkenstraße 22
Helfried Weidner:
• Die Ergebnisse der restauratorischen Untersuchungen und ihr Einfluss auf das Sanierungskonzept
Angelica Dülberg:
• Die bemalte Holzbalkendecke im ersten Obergeschoss des Schleiermacherhauses aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts
Das Schleiermacherhaus – Ein Rundgang
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