Die Geschichte des Alltags findet heute besonders in den einstigen Hansestädten in der breiten Öffentlichkeit ein großes Interesse. Davon zeugt nicht zuletzt der enorme Zulauf zu den jährlich Anfang September europaweit stattfindenden Tagen des offenen Denkmals. Ein immer größer werdender Touristenstrom lässt sich von den ‚Wegen zur Backsteingotik‘ faszinieren. Einen unübersehbaren Schub als Touristenmagneten erhielten die Hansestädte Stralsund und Wismar durch die gemeinsame Aufnahme ihrer Altstädte in die Welterbelisten der UNESCO im Frühjahr 2002. Die Altstädte und mit ihnen die baulichen Zeugnisse der Vergangenheit wurden und werden immer mehr zu Identitätssymbolen dieser Städte. Mit der Schriftenreihe ‚Stralsunder Denkmale‘ möchte die Untere Denkmalschutzbehörde der Hansestadt Stralsund ausgewählte Denkmale Stralsunds einer interessierten Öffentlichkeit vorstellen. Anhand der Baugeschichte soll zudem versucht werden, die Lebensverhältnisse der jeweiligen Hausbewohner zu beschreiben und einen Einblick in deren Lebenswelt zu ermöglichen.
Wissenschaftliche Hausforschung im eigentlichen Sinn ist in dieser Form der Publikation nicht möglich und auch nicht angestrebt. Die Notwendigkeit einer umfangreichen Forschung auf diesem Gebiet kann und soll mit einer solchen Veröffentlichung aber durchaus unterstrichen und befördert werden. Mit der gewählten populärwissenschaftlichen Form und den unterschiedlichen Themenschwerpunkten dieser Schriftenreihe soll ein möglichst breites Publikum in allgemein verständlicher Art erreicht und die Vielfalt der auf uns gekommenen Denkmale aufgezeigt werden. Damit wird nicht zuletzt eine Tradition fortgesetzt, die in der ‚Sundischen Reihe‘ mit dem Vorstellen der Stralsunder Altstadt, einzelner Gebäude und Berufsgruppen vor mehr als zwei Jahrzehnten begann.
Mit dem vorliegenden ersten Heft der Schriftenreihe soll auf einen mittelalterlichen Gebäudetyp aufmerksam gemacht werden, der sich im gesamten Ostseeraum als steinernes Zeugnis hansezeitlicher Rechtsgeschichte nur noch in Stralsund bis heute erhalten hat. Neben Informationen zur Haus- und Baugeschichte des Scharfrichterhauses erfährt der Leser im zweiten Teil des Heftes Interessantes über das Amt des Stralsunder Scharfrichters. Eine ausführliche wissenschaftliche Aufarbeitung der zahlreichen archivalischen Quellen zu der einst geächteten und doch notwendigen sozialen Randgruppe des Scharfrichters in unserer Region steht jedoch noch aus. Es ist zu wünschen, dass mit dem vorliegenden Heft der Leser für diesen besonderen Teilbereich des Welterbes ‚Altstadt Stralsund‘ sensibilisiert wird und dieses an der gesamten Ostseeküste einmalige Bauwerk die ihm gebührende Wertschätzung in der Öffentlichkeit erfährt.
Inhaltsverzeichnis:
Vorwort
Einführung
Das Stralsunder Scharfrichterhaus (Filterstraße 2a und 2b). Die Architektur der Stralsunder ‚bodelye‘ im Mittelalter
Die Stralsunder Büttelei von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart Archäologie
Der Scharfrichter
Gesellschaftliche Akzeptanz und soziale Stellung
Aufgaben des Scharfrichters
Ausbildung
Verdienst
Öffentlichkeit und Richtplatz
Strafen und Folter
Bewerbungen
Anhang