Kein Platz, kein architektonisches Ensemble in Magdeburg spiegelt die Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die Verbindungen zur europäischen Kultur- und Herrschaftsgeschichte und die Wandlungen Magdeburgs bis hin zur heutigen Rolle als Landeshauptstadt besser wider als der Domplatz mit seinen barocken und gotischen Bauten sowie der neuen Architektur der Nord-LB und der Grünen Zitadelle.Kein Platz war und ist in seiner Nutzung so vielseitig und umstritten. Der Domplatz, von je her der größte Platz der Stadt, ist ein Ort mit zwei Gesichtern. Einerseits ist er ein Ort der regen Betriebsamkeit, ein Ort für Feste und Prozessionen. Hier fanden Konzerte und Jahrmärkte, Theateraufführungen und Kinovorstellungen, öffentliche Predigten und politische Veranstaltungen statt, er war Lazarett und Exerzierplatz. Andererseits war der Domplatz auch immer ein Ort der Stille und der Abgeschiedenheit abseits des eigentlichen Stadtgeschehens. Er war ein Ort zum Verweilen, zum Sitzen und Träumen.
Im Rahmen des Förderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz“ erfolgt derzeit die Umgestaltung und Erneuerung des gesamten Domplatzes und südlichen Stadtzentrums. Damit entsteht im Herzen der Stadt ein Architekturensemble, das einmalig sein dürfte in Europa.
Die 101. Ausgabe der seit 1990 erscheinenden Publikationsreihe des Stadtplanungsamtes mit dem Titel „Vom alten Parat zum Landtag“ gewährt einen interessanten Einblick in die Geschichte des Domplatzes und speziell in die historische Entwicklung des Landtagsquartiers. Vom alten Parat oder Paradeplatz über den „Hurenwinkel“ und mittelalterlichen Messeplatz bis zum heutigen Sitz der Landesregierung verweist dieser Teil der Stadt auf eine lange und wechselvolle Geschichte.
Mit dem letzten von Friedensreich Hundertwasser entworfenen Haus „Die Grüne Zitadelle von Magdeburg“ in unmittelbarer Nachbarschaft ist das Landtagsquartier nicht nur das politische Zentrum Sachsen-Anhalts, sondern auch eines der touristischen Highlights in unserem Bundesland.
Der alte Parat befand sich sozusagen beim Landtag, der heute die gesamte Nordseite des Domplatzes einnimmt, gleich um die Ecke. Das barocke Ensemble entlang der Nord- und der Ostseite des Domplatzes entstand nach dem 30jährigen Krieg, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten oder beschädigten Häuser wieder aufgebaut, heute beherbergen sie neben dem Landtag auch Landesministerien und Landtagsverwaltung.
Inhalt und Autoren
Rainer Kuhn und Britta Kunz beschreiben die Ergebnisse archäologischer Grabungen im Bereich des Landtages und des Hundertwasserhauses und interpretieren sie in ihrer gegenwärtig bekannten stadtgeschichtlichen Bedeutung.
Dr. Günther Korbel untersuchte anhand eines einzelnen Fundes innerhalb einer Nachgrabung im Bereich des Hundertwasserhauses (Fragment eines Pferdeschädels) die Bedeutung des Pferdes in der Kulturgeschichte des Menschen. Prof. Rainer Willmann präsentiert archäozoologische Untersuchungsergebnisse zu den im Bereich des Hundertwasserhauses aufgefundenen Knochenresten verschiedener Haus- und Nutztiere.
Dr. Hans-Peter Barkenthien beleuchtet die Zeit, in der das heutige Landtagsquartier durch die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft genutzt wurde (1955 bis 1990). Dr. Dietrich Meyer-Ravenstein beschreibt das bürgerschaftliche Engagement um die Wiedererrichtung des Sterntores. Anschließend schlagen Ursula Lüdkemeier, Michael Münchow und Michael Rahmfeld in ihrem Beitrag einen Bogen von den historischen und politischen Entwicklungen seit dem 19. Jahrhundert bis zum heutigen Landesparlament am Domplatz.
Der Beitrag von Dr. Eckhart Peters „Vom alten Parat zum Landtag“ markiert die inhaltliche Klammer zu den einführenden historischen und städtebaulichen Grundlagen in den ersten Kapiteln und fasst die Entwicklung des Quartiers rund um den Domplatz zusammen.